Beruf Sonderpädagoge - exklusive Erfahrungsberichte zweier Sonderpädagogen


Lesezeit
: 3 Minuten           Autor: Michelle Friedrich           Veröffentlichung: 03.06.2022

Du interessierst dich für den Bereich Sonderpädagogik, weißt jedoch noch nicht so recht, ob dieser Beruf der richtige für dich ist? Du kennst niemanden, der dir von seinen Erfahrungen in der Sonderpädagogik erzählen kann? Dann bist du hier genau richtig.

Denn in diesem Blogartikel will ich dir einen kleinen Einblick in die sonderpädagogische Arbeit geben . Hierfür habe ich mich dem Begriff der Sonderpädagogik genähert und 2 Sonderpädagog:innen u.a. zu den Themen persönliche Ziele, positive und negative Aspekte am Beruf des Sonderpädagogen, Gehalt sowie Tipps für BerufseinsteigerInnen befragt.

Also nichts wie los, lies dir diesen Artikel durch und profitiere von den Joberfahrungen und exklusiven Einblicken zwei erfahrener Sonderpädagoginnen.

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Womit beschäftigt sich ein Sonderpädagoge?

Die Sonderpädagogik beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit Personen, die aufgrund von verschiedenen Beeinträchtigungen Förderbedarf erhalten. Dies erfolgt zum Beispiel an Inklusions-, Förder- oder Allgemeinschulen, bei denen Menschen individuelle Förderungen bekommen. Wegen der hohen Anzahl von Behinderungen und den verschiedenen Unterstützungsangeboten gibt es keinen grundlegenden Arbeitsbereich, der als die Behinderten- oder Sonderpädagogik bezeichnet werden kann. Grundlegend sollen die sozialen oder beruflichen Schwierigkeiten durch einen besonderen Bedarf an Förderung ausgeglichen werden, um so beeinträchtigten Menschen eine gleichwertige Partizipation zu ermöglichen.

Eine weitere Sparte der Sonderpädagogik ist das Sonderpädagogik-Lehramt. Im Beruf des Sonderschullehrers unterrichtest du Kinder sowie Erwachsene mit unterschiedlichem Förderbedarf, die beispielsweise eine Lern-, Hör-, Sprach-, Körper oder geistige Behinderung besitzen. Du bereitest Unterricht speziell angepasst an den sonderpädagogischen Förderbedarf vor, führst diesen durch und erstellst sonderpädagogische Gutachten, um die bestmögliche Förderung zu erreichen.

Sonderschulpädagogik kann an verschiedenen Universitäten in ganz Deutschland studiert werden. Der Studiengang ist zulassungsbeschränkt und die Regelstudienzeit beträgt i.d.R. neun Semester mit einem anschließenden zweijährigen Referendariat.

 

Erfahrungsberichte aus der Sicht zweier Sonderpädagogen

Für die folgenden Themen habe ich 2 Sonderpädagog:innen befragt, um einen Einblick in ihr berufliches Umfeld zu bekommen.

Mina ist 26 und Luise ist 30 Jahre alt. Beide haben Sonderpädagogik auf Lehramt studiert und beenden dieses Jahr ihr Referendariat an Förderschulen. Anschließend starten sie dann als Sonderschullehrerinnen ihre berufliche Karriere.

 

Warum hast Du Dich für den Beruf des Sonderpädagogen entschieden?

In unserem Gespräch habe ich die Beiden gefragt, aus welchen Gründen sie den Bereich der Sonderpädagogik ausgewählt haben. Mina und Luise nannten beide die Vielfältigkeit der beruflichen Möglichkeiten als Grund. Für sie gibt es stets Raum, um die Arbeit kreativ zu gestalten und ständig das eigene Wissen zu erweitern, da jedes Kind andere Bedürfnisse hat.

„Die Arbeit in der Sonderpädagogik fühlt sich für mich irgendwie nach einer Berufung an.“


Ein weiterer Grund, den Luise nennt ist ihre eigene Kritik am Bildungssystem und dem Umgang mit Kindern, die anders lernen oder Unterstützung beim Lernen bzw. Arbeiten benötigen. Ihr ist deswegen neben der Wissensvermittlung im Unterricht, vor allem der Fokus auf die individuelle Förderung wichtig.

 

Was sind Ziele und was treibt dich als Sonderpädagoge an?

Im Laufe unseres Gespräches haben wir auch über die Ziele innerhalb ihrer pädagogischen Arbeit geredet. Mina treibt bei der sonderpädagogischen Arbeit mit Kindern vor allem das positive Ergebnis ihrer individuellen Förderung an.

"Wenn die Kinder sich über die kleinsten Erfolge freuen, kann man sich einfach nur mitfreuen. Man lernt die kleinen Dinge im Leben sehr zu schätzen“

 

Luise möchte Kindern und Jugendlichen, die aufgrund ihrer Beeinträchtigungen von verschiedenen gesellschaftlich-gemachten Barrieren an gleicher Teilnahme gehindert werden, eine gleichwertige Förderung ermöglichen. Sie will mit dem Fokus auf individuelle Förderung den Ausgleich schaffen, der im Bildungssystem oft nicht geboten wird. Für Luise geht das kritische Hinterfragen der ungleichen Unterstützung für Kinder und Jugendliche im Bildungssystem mit ihren Zielen der Förderung einher.

 

Bleibst Du als Sonderpädagoge in diesem Bereich oder möchtest Du wechseln?

Bei der Frage, ob sie in ihrem derzeitigen Bereich als Sonderschuleherinnen bleiben oder wechseln wollen, haben Mina und Luise ähnliche Einstellungen. Mina möchte auf jeden Fall im Bereich der Sonderpädagogik bleiben. Dabei lässt sie es offen, ob sie dauerhaft in der Förderschule arbeiten will oder später auch ein anderer Arbeitsort für sie in Frage kommt. Die Tätigkeit als Dozentin in der Sonderpädagogik kann sie sich zum Beispiel auch gut vorstellen.

Luise ist ebenfalls nicht zwangsläufig an ihre derzeitige Arbeitsstelle in der Förderschule gebunden. Sie möchte allerdings nicht vom Berufsfeld der Sonderpädagogik aufgrund ihrer Möglichkeiten und ihrem Potenzial abweichen. Besonders gut könnte sie sich die Arbeit in einer Freizeiteinrichtung vorstellen, in der die Ambitionen von beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen pädagogisch unterstützt werden.

 

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FAQ - Die wichtigsten Fragen für Sonderpädagogen

Was macht man als Sonderpädagogin?

Sonderpädagogen und Sonderpädagoginnen geben Menschen mit Förderbedarf individuelle Hilfestellung, um ihnen eine schulische und berufliche Eingliederung, gesellschaftliche Teilhabe sowie selbst- ständige Lebensgestaltung zu ermöglichen

Wie viel verdient man als Sonderpädagogin?

Als Sonderpädagoge/in verdienst Du zwischen 32.500 € und 48.400 €. Das ist abhängig von Deiner Berufserfahrung und Bundesland.

Sind Sonderpädagogen gefragt?

Der Bedarf an Sonderpädagogen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Das Thema Inklusion ist in unserer Gesellschaft angekommen. Du wirst besonders gefragt und gut bezahlt sein, wenn Du Dich auf ein Lehramt für Sonderpädagogik spezialisierst.

 

Was sind Herausforderungen und was gefällt Dir als Sonderpädagoge gut - was nicht?

Mina erzählt, dass es ihr besonders gut gefällt, dass sie sich durch die neuen Erfahrungen ständig arbeitstechnisch weiterentwickelt. Sie sagt, dass jeder Tag und jeder Lernprozess mit den verschiedenen Kindern ihren pädagogischen Erfahrungsschatz erweitern. Abgesehen von dieser Form von Bereicherung, die sie durch die Arbeit erhält, freut sie sich vor allem über die direkte Arbeit mit den Kindern. Man trägt nicht nur dazu bei, sondern sieht auch ganz genau wie die Kinder und Jugendlichen mit der richtigen Förderung aufblühen.

„Ich liebe die Ehrlichkeit der Kinder. Die besondere Förderung für besondere Kids ist einfach großartig.“


Luise stimmt den positiven Seiten der Sonderpädagogik zu, ergänzt das Bild allerdings auch mit den Herausforderungen, die ihr im Arbeitsalltag begegnen. Sie erzählt, dass sich die Arbeit schnell summiert und es oft zu wenig Zeit gibt, um die Unterrichtsvorbereitung, zusätzliche Schulaufgaben, Unterrichtsnachbereitung und Individual-Sonderpädagogische-Förderung unter einen Hut zu bekommen.

„Es kann auch schwierig werden den Spagat zwischen allgemeiner Wissensvermittlung, der Einhaltung des Lehrplans und der zusätzlich erforderlichen individuellen Förderung zu schaffen.“


Luise beschreibt, dass man dabei ohne guten Ausgleich an seine Grenzen schlagen kann, weil der Workload oft über die eigentliche Arbeitszeit hinaus in die Freizeit geht. Dafür ist ihrer Meinung nach ein gutes Organisationstalent und Belastbarkeit notwendig. Bei dem Problem mit der Belastung macht sich auch die Unterbesetzung von Sonderschullehrer:innen bemerkbar, weil die Nachfrage sehr viel höher als das Angebot ist. Laut Luise liegt das mitunter auch an der fehlenden staatlichen Unterstützung für sonderpädagogische Arbeit.

 

Findest Du das Gehalt eines Sonderpädagogen passend?

In unserem Gespräch war auch das Gehalt ein wichtiges Thema. Luise und Mina haben mir beide ihre derzeitigen Gehälter genannt und über ihre Aussichten geredet. Mina erzählt, dass sie ihr Gehalt im Referendariat mit knapp 1.500€ für zu wenig hält. In Hinblick auf ihren Workload von einer 40-Stunden-Woche sollte das Gehalt angepasster sein, sagt sie. Nach dem Referendariat hat sie Aussicht auf Einstiegsgehalte in einer Spanne von 2.800€ bis 3.600€. Im Vergleich zu ihrer derzeitigen Vergütung meint Mina, dass es für sie später gut aussehen wird.

Luise erhält momentan ein ähnliches Gehalt im Referendariat. Sie kritisiert ebenfalls die geringe Vergütung von pädagogischen Berufen, da diese für die Kinder und somit für die Grundlage der Gesellschaft essenziell sind.

„Ich wünsche mir, dass wir zukünftig mehr Gehalt für unsere Arbeit bekommen und, dass sich das gesellschaftliche Bild von pädagogischen Berufen positiv ändert. Durch mehr Vergütung und soziale Anerkennung würden vielleicht auch mehr Menschen die tollen Seiten des Berufes erkennen und ihn wählen.“

 

Zusammenfassung des Sonderpädagogen - Interviews

Warum hast Du Dich für den Beruf des Sonderpädagogen entschieden?

  • Vielfältigkeit der beruflichen Möglichkeiten
  • Stets Raum, um seine Arbeit kreativ zu gestalten
  • Ständige Erweiterung des eigenen Wissens

 

Was sind Ziele und was treibt dich als Sonderpädagoge an?

  • Positives Ergebnis der individuellen Förderung
  • Kindern und Jugendlichen, die aufgrund ihrer Beeinträchtigungen von verschiedenen gesellschaftlich-gemachten Barrieren an gleicher Teilnahme gehindert werden, eine gleichwertige Förderung ermöglichen
  • Ausgleiche schaffen

 

Was gefällt Dir als Sonderpädagoge gut, was nicht?

  • Positiv
  • Sich durch neue Erfahrungen ständig arbeitstechnisch weiterentwickeln
  • Direkte Arbeit mit Kindern
  • Negativ
  • Arbeit summiert sich schnell
  • Oft sehr wenig Zeit für Unterrichtsvor- und nachbereitung, zusätzliche Schulaufgaben und Individual-Sonderpädagogische-Förderung
  • Workload geht oft über die eigentliche Arbeitszeit hinaus in die Freizeit
  • Unterbesetzung von Sonderschullehrer:innen

 

Gehalt als Sonderpädagoge

  • Gehalt im Referendariat: knapp 1.500€
  • Nach dem Referendariat: Einstiegsgehalte von 2.800€ bis 3.600€

 

Tipps für Berufseinsteiger:innen als Sonderpädagoge

Zum Ende unseres Treffens habe ich Mina und Luise gefragt, ob sie Tipps für Berufseinsteiger*innen oder Interessierte in der Sonderpädagogik haben, die sie am Anfang auch gerne gehabt hätten.

Ein Tipp von Mina ist es offen und authentisch neue Sachen auszuprobieren oder kennenzulernen. Gerade im sonderpädagogischen Fachbereich des Unterrichts und des Lernens ist es unglaublich wichtig sich mit den Kindern und ihren Bedürfnissen weiterzuentwickeln. Im Studium oder in der Weiterbildung lernst du natürlich über bestimmte Förderungsmittel, die bei bestimmten Beeinträchtigungen hilfreich sind. Allerdings ändern sich diese Informationen auch mit der Zeit. Deshalb und, da die Kinder unterschiedlich auf Lernmethoden anspringen, ist es wichtig Neues auszuprobieren.

Ein weiterer Tipp von Luise ist das Fragen und seinen eigenen Perfektionismus runterzuschrauben. Jede Person macht im Beruf Fehler oder weiß mal nicht wie mit bestimmten Situationen umgegangen werden soll. An dieser Stelle ist es wichtig, dass du dich nicht von deinem Perfektionismus unterkriegen lassen solltest. Frag gerne bei Menschen in deiner Arbeitsstelle nach und bereichere dich an ihren Erfahrungen. Durch gemachte Fehler kannst du zum einen lernen und zum anderen deine Fachkenntnisse erweitern.

Luise und Mina verweisen darauf sich einen Ausgleich zu suchen oder Arbeit und Freizeit zu trennen. Da die Sonderpädagogik oft eher Berufung als Beruf ist, verschwimmen leicht Arbeit und Freizeit. Für dein psychisches Wohlbefinden und um auch weiterhin Spaß an deinem Beruf zu haben, solltest du dir klare Rahmen setzen. Diese können sich zum Beispiel darin äußern, dass du dir nur für einen bestimmten Tag oder für eine bestimmte Stundenanzahl Arbeit mit Nachhause nimmst. Zusätzlich ist es auch eine Möglichkeit, dass du dir einen Ausgleich suchst. Das könnten zum Beispiel verschiedene Freizeitaktivitäten sein, bei denen du abschaltest.

Arbeitshilfen, Praxisaustausch und Lehrmittel über Vernetzungen online finden! Mina und Luise berichten mir, dass ihnen Vernetzungsgruppen von Sonderpädagog:innen zum Beispiel auf Facebook oder auch sonderpädagogische Internetseiten bei der Suche nach Arbeitshilfen oder Lehrmaterialien geholfen haben. Dort gibt es auch die Möglichkeit sich über Probleme auszutauschen oder neue Einblicke über Praxiserfahrungen anderer Sonderpädagog:innen zu erhalten.

Praxiserfahrungen helfen Aufgaben zu meistern! Beide Sonderpädagoginnen betonen, dass Berufs- und Praxiserfahrungen nicht nur bei der Zulassung zum Studium bzw. zur Weiterbildung helfen, sondern auch die Jobsuche erleichtern.

 

Fazit – der Beruf des Sonderpädagogens

Hoffentlich hast du durch die Erfahrungsberichte einen besseren Einblick in die sonderpädagogische Arbeit bekommen. Vielleicht hat sich auch dein Berufswunsch gefestigt und du bist bereit in die Sonderpädagogik zu starten. Aus der Perspektive des sozialpädagogischen Bereiches schätze ich den positiven Fokus von Mina und Luise sehr, verstehe jedoch auch die Kritik an der ausbleibenden gesellschaftlichen Anerkennung. Ich wünsche mir ebenfalls, dass sich dies zukünftig positiv ändert, damit mehr Menschen den Bereich für sich entdecken damit diese Form der Unterstützungssysteme ausgebaut werden kann.

 

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Über die Autorin

Hi, ich bin Michelle! Als staatlich anerkannte Erzieherin und Studentin der Sozialen Arbeit an der ASH Berlin schlägt mein Herz neben digitalen Trends, Nachhaltigkeit und Musik vor allem für Soziales. Während meines Freiwilligendienstes hat sich sehr schnell der Wunsch entwickelt, Sozialarbeiterin zu werden und ich würde am liebsten in jeden Bereich reinschnuppern.